Landstrom - Umsetzungen & Lösungsoptionen - Ladegerät, Netzvorrangschaltung und Wechselrichter

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Christian_M
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Landstrom - Umsetzungen & Lösungsoptionen - Ladegerät, Netzvorrangschaltung und Wechselrichter

Beitrag von Christian_M »

Hallo Vario-Freunde,

Landstrom ist fast schon eine Glaubensfrage und die Umsetzung sehr individuell. Die meisten haben sehr autarke Fahrzeuge und brauchen eigentlich gar keinen Landstrom. Einige berichten, sie hätten ihn noch nie angeschlossen. Andere haben nie die Option ihn anzuschließen, weil sie immer frei stehen. Da auch ich ein autarkes Fahrzeug plane, ist Landstrom also eigentlich nur "nice-to-have".

Vier Umsetzungen sind dabei allerdings in Bezug grundlegend unterschiedlich:

1) Easy Variante: Landstrom wird auf die Steckdosen und 220-Volt-Geräte unmittelbar (mit FI) geschleust. Ggf. hat man einen Netzvorrangschalter, der von einem 220-V-Wechselrichter auf den Landstrom umschaltet.

Vorteile: Easy, günstig, wenige weitere Module, unkompliziert. Wechselrichter und Batterie werden "geschohnt", wenn man Landstrom hat.

Nachteile: Batterie wird nicht über Landstrom geladen (nur Solar und Fahrzeugmotor), "schlechter" Landstrom würde 1:1 durchgeleitet, ggf, überfordert man die Sicherung des Landstroms. Bei Ausfall des Landstroms sind die Geräte ggf. (kurz) aus und ggf. kaputt.

2) Klassiche Variante - Module getrennt & Landstrom-Durchleitung: Hier wird nach dem Landstrom-FI ein Ladegerät für die Batterie installiert. An der Batterie hängt ein 220V-Wechselrichter. Ggf. hängt hier auch noch eine Netzvorrangschaltung, so dass, wenn man Landstrom ansteckt, vom Wechselrichter auf den Landstrom umgeschaltet wird, dieser also durchgeleitet wird.

Vorteile: Getrennte Module lassen sich bei Defekt etwas besser austauschen, man kann beim Ladegerät und dem Wechselrichter genau bestimmen, was man möchte/braucht und wenn ein Gerät kaputt geht, funktioniert das andere immer noch. Die Batterie wird geladen, wenn man Landstrom hat. Man kann beim Ladegerät eins wählen, das sogar mit 120 Volt funktionieren würde (z.B. 90-265 VAC bei der Victron Phoenix-Serie). Spannungs-Schwankungen könnten das Ladegerät also vermutlich gut ab. Wechselrichter und Batterie werden "geschohnt", wenn man Landstrom hat.

Nachteile: "schlechter Landstrom" wird hier ggf. ebenfalls 1:1 durchgeleitet und man überlastet ggf. die Sicherung des Landstroms. Bei Ausfall des Landstroms sind die Geräte sofort aus (ggf. kaputt).

3) Autarke Variante - Module getrennt & 220 Volt NUR vom Wechselrichter: Hier wird nach dem Landstrom-FI ebenfalls ein Ladegerät für die Batterie installiert. An der Batterie hängt zudem ein Wechselrichter. Die 220 Volt kommen hier IMMER vom Wechselrichter. Man spart sich die Umschaltung vom Wechselrichter auf den Landstrom. Hier sollte man aber ggf. ein stärkeres Ladegerät haben.

Vorteile: Auch hier Vorteile wie bei 2. Aber zusätzlich: Man hat immer "guten" Strom vom Wechselrichter. Schlechter Strom von Außen oder die Sicherung des Landstroms sind nicht von hoher Bedeutung.

Nachteile: Der Wechselrichter muss mehr laufen, macht ggf. unnötig mehr Krach und auch die Batterie wird mehr ge- und entladen, was die Lebenszeit verkürzen kann. Wenn man nur wenig am Landstrom ist, ist das vielleicht egal. Zudem ist man begrenzt auf die Leistung des Wechselrichters. 220-Volt-Klima, -Heizung oder -Herd können hier ggf. nicht betrieben werden. Die Sicherung des Landstroms kann hier auch überlastet werden, wenn das Ladegerät zu viel Strom zieht (z.B. 120 A).

4) Kombiniertes Gerät-Variante - z.B. Victron Multi Plus: Hier ist direkt hinter dem Landstrom-FI ein Gerät (Multi), dass ein Ladegerät und ein Wechselrichter zugleich ist. Das Gerät ist zudem auch ein automatischer Umschalter zwischen Landstrom und Wechselrichter. Und: Es kann beide Quellen kombinieren. Wenn man also z.B. vom Landstrom nur 4 Ampere ziehen kann wegen der Sicherung, ein Gerät aber 40 Ampere braucht, dann können 36 Ampere vom Wechselrichter kommen und 4 Ampere vom Landstrom. Hört sich erstmal schick an. Beliebt sind der Victron MultiPlus II 12/3000/120-32 und der 24/3000/70-32. Also 12 bzw. 24 Volt Bordspannung / 3000 Watt Leistung des Wechselrichters (Spitze 5500 W) / 120 bzw. 70 Ampere maximale Batterie-Ladung. 32A: Maximaler Eingangsstrom (Standard ist ohnehin 16 glaube ich). Diese Leistungsdaten sind ja schon wirklich beachtlich!

Vorteile: Ein Gerät für alles, Batterie wird am Landstrom geladen, Kombi aus Landstrom und Wechselrichter und Begrenzungs-Option lösen das Problem, dass einem die Sicherung am Landstrom-Anschluss rausfliegen könnte. Wechselrichter läuft nur, wenn auch benötigt (ebenfalls wird Batterie weniger genutzt als bei Variante 3).

Nachteile: Das Gerät leitet dennoch "schlechten Strom" von außen 1:1 durch. Daher gehen einige Expeditionsmobile auf die Variante 3 und nicht auf einen Multi! Und: wenn das Gerät kaputt ist, dann sind ggf. direkt zwei Module defekt (Landstrom-Ladung und Wechselrichter). Multi ggf. teurer als ein getrenntes Ladegerät und ein getrennter Wechselrichter. Und: Einige bemängeln, dass die Multis von Victron nur 187-265 VAC abkönnen. Hat man in einem Land nur 120 Volt, funktioniert das Gerät nicht. (120 Volt: "Nordamerika und wenige andere Länder wie Kanada, Mexiko und Kuba, sowie einige Karibikstaaten")

Zu ergänzen ist noch, dass sich die Gerät auch an weiteren Gimmicks unterscheiden
A) Wie laut sind die Wechselrichter und die Ladegeräte. Am besten man findet leise Varianten, die nicht ständig kühlen oder Lüften oder zumindest eine Nachtabschaltung haben.
B) Wie steuert und überwacht man die Geräte. Per Bluetooth? Lässt es sich ausschalten?
C) Es gibt m.W. auch technische Lösungen, wie man bei den Varianten 1-3 den maximalen Ladestrom der Batterie begrenzen kann. Das ist dann vom Ladegerät abhängig. So könnte man bei schwachen Landstrom-Sicherungen die Stromabnahme am Ladegerät reduzieren.

Zuletzt noch als Ergänzung: Bei der Netzvorrangschaltung / Netzumschaltung gibt es unterschiedliche Ansätze. Manche lösen den Wechsel zwischen Wechselrichter und Landstrom dadurch, dass sie einen automatischen Netzvorrangschalter installieren, andere indem sie einen Stromstecker von A (Landstrom) auf B (Wechselrichter) manuell umstecken/umschalten, andere schalten Sicherungen und wieder andere haben getrennte Netze mit getrennten Steckdosen. Die Varianten sind dabei unterschiedlich gefährlich je nach Ausführung.

Was ist Deine Lösung und wie denkst Du darüber? Ich schwanke zwischen Lösung 3 und 4.
818 Kasten, 4x2, 2013, ehemaliger Lebensmittel-Kühltransporter, Ziel: WoMo-Umbau

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Camper78
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Re: Landstrom - Umsetzungen & Lösungsoptionen - Ladegerät, Netzvorrangschaltung und Wechselrichter

Beitrag von Camper78 »

Hallo Christian,

wir haben Variante 4:
Geräte: Ective TSI15 mit einer Liontron LiFePO 100Ah. (Elektroprinzipskizze findest du als pdf in meinem "Vorstellung"-Beitrag)
Kommt halt immer alles auf die Urlaubsform (Jahreszeiten / bereiste Gegenden und Länder) und den vorher geschätzten oder errechneten Strombedarf an. Wir fahren nur von April bis November weg und sind dabei maximal 2000 Kilometer von München entfernt.
Alle energiehungrigen Verbraucher (Heizung, Warmwasser, Kochen und Kühlschrank) laufen bei uns über Gas - hab neun 5kg Gasflaschen on Board, damit kommen wir 2 Wochen lang mit Nachttemperaturen bis knapp über 0°C hin bis wir wieder Gas brauchen. Schulferien in den kühlen Monaten sind eh nicht länger. Dabei reicht uns unsere kleine PV-Anlage locker zu jeder Jahreszeit, da unser Stromverbrauch nur Licht, Handy- und Laptopladen und manchmal für n paar Minuten nen Fön damit meine Mädels ihre Haare nach dem Duschen wieder trocken bekommen.
Aber: Jeder hat hier andere Vorstellungen von Reisen, unterschiedliche Geräte, Verbräuche und Lebensgewohnheiten.
Achso: Laut ist unser Ective Lade/Wechselrichter immer nur dann mal kurz, wenn die Batterien arg leer waren und ich z.B. zuhause am Landstrom wieder auflade. Oder natürlich, wenn Staubsauger oder Fön laufen, aber die sind ja selber laut :lol: .
Beste Grüße
Markus

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VWBusman
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Re: Landstrom - Umsetzungen & Lösungsoptionen - Ladegerät, Netzvorrangschaltung und Wechselrichter

Beitrag von VWBusman »

Hallo,

da auf vielen Campingplätzen die Steckdosen nur sehr schwach abgesichert sind habe ich mich für folgende Lösung entschieden und sie funktioniert bei mir auch sehr gut.
Ich habe 300Ah/24V Lifepo und 600Wp Solar. Koche mit Strom und habe zwei Kompressorkühlboxen und einen Kaffeevollautomat in gebrauch.
Diese Konfiguration reicht mir, bei Sonneneinstahlung immer. Stehe ich allerdings auf einem schattigen Platz ( auf dem Campingplatz ) gehe ich an die Steckdose. Das einzige Gerät im Wohnmobil welches vom Landstrom gespeist wird ist ein 10A Ladegerät welches die Batterie läd.
Die Verbraucher ziehen immer den Strom aus den Batterien. 230V wird ausschließlich über den Wechselrichter im Wohnmobil versorgt.
So habe ich keine Probleme mehr mit schwacher Absicherung und sollte ich mal einen Tag mehr Strom entnehmen als das Ladegerät nachläd ist das auch nicht gleich eine Tragödie.
Das war und ist für mich die einfachse Lösung um immer mit genügend Strom im Wohnmobl versorgt zu sein.
Keine Vorrangschaltung, kein Umstecken, keine Gefahr versehentlich den Wechselrichter einzuschalten obwohl gerade Landstrom anliegt.....

Gruß Christopher
Vario816 mit Holzkoffer und Selbstausbau - steht zum Verkauf

Moorhuepfer
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Re: Landstrom - Umsetzungen & Lösungsoptionen - Ladegerät, Netzvorrangschaltung und Wechselrichter

Beitrag von Moorhuepfer »

Bei mir ist es Variante 1 in Kombination mit einem 17A-Ladegerät. Bei schwacher Vorsicherung kann ich die automatische Umschaltung jedoch abschalten und dann "nur" laden.

Bin jedoch eigentlich autark: 4 Stück LiFePo 12V, 200Ah und 880 W Solar und 4 / 8 KW Wechselrichter.
Voll elektrisch (kein Gas). Alle Verbraucher (inkl. Herd, Waschmaschine & Dusche) 230 Volt.

Landstrom benutzt habe ich nur nach einem Werkstattbesuch (4 Tage Halle). und ein mal im Frühjahr (Regen) bevor ich den Ladeboster in Betrieb genommen habe.
Auf eine schöne gemeinsame Zeit.

Liebe Grüße, Arne / Moorhuepfer mit Ebi

karlsson815
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Re: Landstrom - Umsetzungen & Lösungsoptionen - Ladegerät, Netzvorrangschaltung und Wechselrichter

Beitrag von karlsson815 »

wir haben Variante 3 mit 300Ah Lifepo 24 Volt mit 2 Wechselrichtern 1800 und 3000Watt. Sowie ein 25Ah Landstromladegerät und 700Wh Solar. Außerdem die Möglichkeit die 230Volt Verbraucher umzustecken auf Landstrom bzw anderen WR. Wir stehen sehr selten am Landstrom. Bisher hat die Konfiguration immer ausgereicht. Kochen mit Strom draußen, drinnen mit Gas. Großer HHKühli. Backofen elektrisch, Mini Wama von Daewoo.

Onkelbenz
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Re: Landstrom - Umsetzungen & Lösungsoptionen - Ladegerät, Netzvorrangschaltung und Wechselrichter

Beitrag von Onkelbenz »

Hallo Christian.

Für meine Zwecke lag der Fokus auf autarken AC. Der HD-Reiniger muss ohne Landanschluß laufen, und auch Pizza backen im 300° Ofen muss drin sein. :D Vorzugweise beides zusammen.... :lol:
Einer der Kaufgründe für meinen Vario war, dass die 2. LiMa mit 5kw DynaWatt Umrichter als Generator schon an Board ist.
Bei der Planung wurde mir schnell klar, dass Platz und Kabelwege Mangelware sind. Weswegen ich Geräte mit multiblen Funktionen favorisiere.

So habe ich mich für einen 5kw Hybrid-WR entschieden. So sind WR, MPPT-Solarregler, Ladegerät und Netzvorrangschaltung schon mal in einem Gerät. Dazu 15kwh 48V LifePo Akku als Speicher und 1200Wp Solar auf dem Dach. Ach ja, Landanschluß hat er auch.

Lt. Plan passt alles in einen 80cm breiten Bereich den ich von der Naßzelle abtrenne.
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SS ITW.JPG (782.57 KiB) 4247 mal betrachtet
Die gesamte Aufbau Elektrik und Steuerung ist in 3 Installationsgehäusen untergebracht: AC+PV; DC-Elektronik/Steuerung; DC-Schalten/Absichern
Es ist unglaublich was bei mir alles zusammen gekommen ist. Habe ich erst unterschätzt.
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Jeder AC-Verbaucher hat seinen eigenen FI/LS-Schalter. So umgehe ich die Erdungsproblematik im 2. Fehlerfall.
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photo_2023-10-18_08-53-34.jpg (145.68 KiB) 4247 mal betrachtet
Auch die Verteilung, Absicherung und Steuerung der DC-Verbaucher ist nicht ohne.

Ich empfehle jedem, egal wie wenig umfangreich es scheint, sich vorher einen Plan zu machen. Dieser hilft dann auch später anderen sich in deinem Eigenbau zurecht zu finden.

Sonnige Grüße
Alexander
818D, BJ 2007, Automatik, Luftfederung, Klimaanlage, ex ITW

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Christian_M
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Re: Landstrom - Umsetzungen & Lösungsoptionen - Ladegerät, Netzvorrangschaltung und Wechselrichter

Beitrag von Christian_M »

Danke für die tollen Erfahrungsberichte und Einblicke in die unterschiedlichen Lösungen!
818 Kasten, 4x2, 2013, ehemaliger Lebensmittel-Kühltransporter, Ziel: WoMo-Umbau

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Christian_M
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Re: Landstrom - Umsetzungen & Lösungsoptionen - Ladegerät, Netzvorrangschaltung und Wechselrichter

Beitrag von Christian_M »

Alexander: Wie kommt es, dass ihr eine 2 Lima an Bord habt? Und: kannst Du für den Laien kurz beschreiben bzw. erklären, was man auf Deinen beiden Bildern sieht? Das eine ist die Absicherung, das andere die Verteilung oder? Ist das alles 220V?
818 Kasten, 4x2, 2013, ehemaliger Lebensmittel-Kühltransporter, Ziel: WoMo-Umbau

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Christian_M
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Re: Landstrom - Umsetzungen & Lösungsoptionen - Ladegerät, Netzvorrangschaltung und Wechselrichter

Beitrag von Christian_M »

Braucht man nach dem Wechselrichter nochmal einen FI?

Siehe:
https://youtu.be/aMfnSGbtvPE?si=G3xWHnpDs8BS1Szq

Wie habt ihr das gelöst?
818 Kasten, 4x2, 2013, ehemaliger Lebensmittel-Kühltransporter, Ziel: WoMo-Umbau

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Camper78
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Re: Landstrom - Umsetzungen & Lösungsoptionen - Ladegerät, Netzvorrangschaltung und Wechselrichter

Beitrag von Camper78 »

Hi Christian,

klares JA! - ich bin exakt gleicher Meinung wie der Typ im Youtube-Video. Mein Elektroplan hängt in meinem Vorstellungsbeitrag.
Ich hab also einen FI+LS direkt hinter dem Landstromzugang und einen hinter dem Wechselrichter.
Grüße Markus

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